Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017
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Das Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017 (KaWeRÄG 2017), bringt weitreichende Änderungen im Kartellgesetz (KartG) und im Wettbewerbsgesetz (WettbG) mit sich.
Die Änderungen im Kartellgesetz treten überwiegend am 1. Mai 2017 in Kraft, die Bestimmungen zum Inkrafttreten bzw zur Anwendbarkeit ordnen aber teilweise sogar eine Rückwirkung an (siehe im einzelnen § 86 Abs 5 bis 9 KartG – insb Abs 9 zum Schadenersatz).
Das wichtigste Element dieser Kartellrechtsnovelle bildet die Umsetzung der „EU-Schadenersatzrichtlinie“ im österreichischen Recht („Richtlinie über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union“ – RL 2014/104/EU) – darin werden der bessere Zugang zu Beweismitteln für Geschädigte und viele andere Details wie Verjährung, Beweislast etc. geregelt; diese Bestimmungen finden sich in § 37a bis § 37m Kartellgesetz.
Zu den wichtigsten anderen Änderungen dieser Kartellrechtsnovelle zählen folgende Bestimmungen:
- § 2 Abs 2 Z 2 KartG: Neue Ausnahme vom Kartellverbot für Vereinbarungen zwischen Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen und Pressegrossisten unter bestimmten Voraussetzungen – die Ausnahme gilt naturgemäß nur im österreichischen Kartellrecht, also nicht bei Erfüllung des EU-Zwischenstaatlichkeitskriteriums des Art 101 AEUV.
- § 9 Abs 4 KartG: Zusammenschlusskontrolle: Zusätzliche Aufgriffsschwelle (nach dem Wert der Gegenleistung) – Es kann eine Anmeldepflicht nun selbst dann bestehen, wenn die – weiterhin geltenden – bisherigen im KartG normierten (rein umsatzabhängigen) Aufgriffsschwellen nicht erfüllt sind (laut Erläuterungen zur Regierungsvorlage „im Hinblick auf die Vermeidung von Monopolbildungen im sensiblen digitalen Wirtschaftsbereich“ – dh insb für den Erwerb von Unternehmen, die nur geringe Umsätze erzielen, durch marktstarke Unternehmen (Übernahme Facebook / WhatsApp 2014 etc). Diese Aufgriffsschwelle (Wert der Gegenleistung) beträgt EUR 200 Mio., zusätzlich wurde ein Inlandsumsatz von insgesamt mindestens EUR 15 Mio festgelegt; außerdem besteht die Anmeldepflicht nur dann, wenn „… das zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.“ Inkrafttreten am 1. November 2017 – laut Erläuterungen bedeutet dies, dass die neue Schwelle zur Anwendung kommen soll, wenn die Durchführung des Zusammenschlusses ab dem 1. November erfolgt.
- § 33 KartG: Anpassung der Verjährungsregel an die europäischen Bestimmungen (Art 25 VO 1/2003) dahingehend, dass Verstöße nicht während laufender Ermittlungen verjähren können.
- § 35 Abs 1 lit c KartG: Die Verhängung von Zwangsgeldern kann auch erfolgen, um ein Unternehmen zu zwingen, im Rahmen einer Hausdurchsuchung der BWB den Zugang zu elektronisch abrufbaren Daten zu ermöglichen.
- § 49 Abs 3 KartG: Im Rechtsmittelverfahren gegen Beschlüsse des Kartellgerichts wird ein neuer Rekursgrund geschaffen: „Der Rekurs kann sich auch darauf gründen, dass sich aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der der Entscheidung des Kartellgerichts zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben.“ — Die Bestimmung ist eine Reaktion auf die Rechtsprechung des OGH, wonach der OGH auch als Kartellobergericht zur Überprüfung der Beweiswürdigung in keinem Fall berufen sei. Die künftige praktische Relevanz dieses sehr eng gefassten neuen Rekursgrunds bleibt abzuwarten.
- § 10a Abs 1 WettbG: Erhöhung der Anmeldegebühr für Zusammenschlüsse auf EUR 3.500 (bisher EUR 1.500)
- § 10b Abs 2 WettbG: Bekanntmachung auch von Geldbußenanträgen gemäß § 29 KartG auf der BWB-Website
- § 10b Abs 3 WettbG: Bekanntmachung des Spruchs rechtskräftiger Entscheidungen gemäß § 26 bis 29 KartG auf der BWB-Website
- § 11b WettbG: Zusammenfassung der Kronzeugenbestimmungen in einem eigenen Paragraphen und Einführung eines anonymen Hinweisgebersystems
- § 11a Abs 1 Z 2 WettbG: Präzisierung des Einsichtsrechts der BWB in geschäftliche Unterlagen
- § 13 Abs 2 WettbG: Mitteilungspflicht der BWB nicht mehr nur „auf Verlangen“, wenn nach Ermittlungen kein Anlass zur Antragstellung besteht
- § 13a WettbG: Offenlegung von Beweismitteln der Bundeswettbewerbsbehörde in gerichtlichen Schadenersatzverfahren
- § 13b WettbG: Kooperation der Bundeswettbewerbsbehörde in gerichtlichen Schadenersatzverfahren
Link zum KaWeRÄG 2017 im Bundesgesetzblatt:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2017_I_56/BGBLA_2017_I_56.html